Rhein-Main-Donau Wasserstraße > Donauausbau Straubing – Vilshofen > Die Donau ertüchtigen

Die Donau ertüchtigen – Donauausbau Straubing – Vilshofen
Autor: Dr. Wilhelm Doni,(†) / DWSV-Vorsitzender Nov. 1992 – Juli 2001

Verkehrslenkende Maßnahmen mit dem Ziel der Transportverlagerung von Straße und Schiene auf die Wasserstraße unter status quo Bedingungen werden dies jedoch nicht bewerkstelligen. Entscheidend bleibt langfristig die freie Wahl der Verkehrsnutzer. Sie orientiert sich an den Transportkosten der Verkehrswege und ihrer Zuverlässigkeit, d.h. der Möglichkeit, sie in Logistiksysteme einzubinden.

Für die Wasserstraße und speziell die Donau bedeutet dies, dass Verkehrswachstum und Verkehrsverlagerung dann erfolgreich sein werden, wenn das System Wasserstraße – Binnenschifffahrt – Häfen mit den landseitigen Zu- und Abläufen systematisch optimiert wird. Dies ist die entscheidende Aufgabe für Wasserbauer, Reeder, die Betreiber der Häfen und die Spediteure. Sie ist gegenwärtig nur unzulänglich entwickelt. Erhebliche Anstrengungen sind nötig.

Es geht dabei im Grundsatz um folgende Bereiche:

  • Die Wasserstraße Donau: Sie muss in allen Abschnitten so ertüchtigt werden, dass möglichst gleichmäßige, über das Jahr berechenbare und wirtschaftliche Tauchtiefen von mindestens 2,50 m sowie die nautische Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs gewährleistet sind.
  • Ertüchtigung der Hafenanlagen als Schnittstellen der kombinierten Verkehre, u.a. für Container, Wechselbehälter, Roll-on-roll-off-Verkehre und anderes. Hier ist erhebliche technisch-organisatorische Entwicklungsarbeit zu leisten.
  • Schwer- und Großraumtransporte von Dimensionen, die nicht mehr auf Schiene und Straße befördert werden können.
  • Telematik als den Transport begleitende und steuernde Aufgabe sowie Hilfsmittel der Binnenschiffs-Navigation durch Radar, elektronische Fahrrinnenkarten und entsprechende Informationssysteme.

Jede Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied. Und dies gilt auch für die Donau. Einzelne Engpässe begrenzen die Auslastung und damit sowohl die Wirtschaftlichkeit wie die ökologische Qualität der Binnenschiffstransporte. Da die Transportentfernungen bedeutend sind, ist dies besonders schwerwiegend.

Die weitaus schwerwiegendste Behinderung der gesamten schiffbaren Donaustrecke zwischen Kelheim und dem Schwarzen Meer ist der Flaschenhals von 69 km Länge, der noch nicht ausgebauten Strecke zwischen Straubing und Vilshofen. Nachdem die jahrzehntelang betriebene Niedrigwasserregulierung keinen Erfolg hatte, einigten sich die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern im sogenannten Duisburger Vertrag von 1966 und im Donau-Kanalisierungsvertrag von 1976, auch die Donaustrecke von Regensburg bis zum Staubereich Kachlet staugestützt auszubauen und damit der gesamten Rhein-Main-Donau-Wasserstraße gleichwertig zu machen. Bis zur Inbetriebnahme des Main-Donau-Kanals 1992 sollten auch die Arbeiten an der deutschen Donau abgeschlossen sein. Dies gelang nur teilweise. Es gelingt dem Verbands-Naturschutz seit Jahren, den Lückenschluss aufzuhalten.

Das Ifo-Institut München untersuchte im Auftrag der Bayerischen Staatsregierung die Reaktionen des Marktes auf Niedrigwasser der deutschen Donau im Abschnitt Straubing – Vilshofen in den Jahren 1997/1998.

Demnach gingen 1/3 des echten Binnenschiffsverkehrs auf Bahn und LKW. 80% der Betroffenen erklärten, nicht mehr das Schiff zu benutzen, solange das Risiko derart gravierender Leistungseinschränkungen des Wasserwege bestehe.

Die Auswirkungen sind gravierend. In den Jahren 1997 und 1998 zum Beispiel konnte an 240 Tagen/Jahr nur weniger als 2,50 m abgeladen werden und an 94 Tagen/Jahr war die Tauchtiefe sogar geringer als 1,70 m. Die Wasserstandsschwankungen sind doppelt so hoch wie im Rheingebiet. Im Wechselverkehr zwischen dem Rhein und der Donau ist die Auslastung der Schiffe – soweit sie die Engpaßstelle passieren müssen – deshalb um über ein Drittel geringer als am Mittel- und Oberrhein. Die Unfallhäufigkeit im Flaschenhals Straubing – Vilshofen liegt fünffach höher als in der Gebirgsstrecke des Mittelrheins.

Es ist offenkundig und unstrittig, dass die Schifffahrtsverhältnisse auf der deutschen Donau dringend einer Verbesserung bedürfen. Dies bestreiten selbst die Naturschützer nicht Die Divergenzen liegen vielmehr in der Beurteilung der Art und der Intensität des Ausbaus. Stauregelungen werden von den Ausbaugegnern kompromisslos – fast mit religiöser Inbrunst – abgelehnt.

Am 17.10.1996 vereinbarten Bund und Freistaat Bayern zwei Schritte:

  • Eine Nachregulierung zur Herstellung einer Fahrrinnentiefe von 2,0 m unter Regulierungsniedrigwasser (RNW) und eine entsprechende Verbesserung der Engstelle Bürgerfeld bei Vilshofen. Die Arbeiten sind mittlerweile weitgehend abgeschlossen.

Dies ist lediglich eine lokal wirksame Verbesserung, jedoch bei weitem nicht der notwendige Ausbau.

  • Im zweiten Schritt wurden in den letzten Jahren umfangreiche Untersuchungen durchgeführt. Sie umfassen sowohl wasserbauliche, hydrologische, fahrdynamische und umfangreiche Modellversuche zu Fragen des Fahrverhaltens der Schiffe, Versuchsfahrten und einen umfangreichen Naturversuch mit Sohldeckwerk. Gleich intensiv wurden und werden noch gewässerkundliche und ökologische Probleme und Fragestellungen untersucht und Wirtschaftlichkeits-berechnungen angestellt.

Diese intensiven und vertieften Untersuchungen werden auf fünf Planungsfälle bezogen:

  • Variante A: weiter optimierter Ist-Zustand, Ausbaustandard Wasserstraßenklasse Vb/VIa
  • Variante B: verschärfte Flussregelung, Ausbaustandard Wasserstraßenklasse VIb
  • Kombination von Fluss- und Stauregelung /Variante C eine Staustufe und Fließstrecken nach Variante A, Ausbaustandard

Wasserstraßenklasse Vb/VIa

  • Stauregelungen

Variante D1 – zwei Staustufen mit einem Seitenkanal,
Ausbaustandard Wasserstraßenklasse VIb und

Variante D2 – drei Staustufen mit einem Seitenkanal
Ausbaustandard Wasserstraßenklasse VIb

  • Die Stauhöhen sind niedrig veranschlagt, da keine Erzeugung elektrischer Energie vorgesehen ist. Vor allem bei Variante D2 (3 Staustufen) liegen sie zwischen 1,10 m und 2,50 m, d.i. leicht über MW.
  • Kosten-/Nutzen-Verhältnis laut Planco für D1  1:3,4/4,5
  • Zur Ökologie erklärte Prof. Reichholf bei dem 3. Donau-Symposium im April d.J. auf die Frage, ob z.B. die Variante D2 (3 niedrige Staustufen) keine wesentliche Verschlechterung bringe, dass sei durchaus möglich, vorausgesetzt, der Natur werde ein genügend großer Entwicklungs-Spielraum eingeräumt. Er sehe in der Entwicklungsdynamik der Natur den entscheidenden Faktor.

Die Untersuchungen sollten in diesem Jahr abgeschlossen sein. Die Sache zieht sich aber bis in das kommende Jahr hin. Schon heute ist zweierlei sicher:

  • Noch nie wurde weltweit ein Fluss derart intensiv untersucht und
  • Nur die Stauregelungen der Varianten D1 oder D2 können die Anforderungen erfüllen, die an die Donau als Verkehrsalternative der Zukunft gestellt werden müssen.

Nach Abschluss der Untersuchungen soll eine politische Richtungsentscheidung über den weiteren Ausbau erfolgen. Die politische Entscheidung gestaltet sich auch deshalb schwierig, weil die Bundesregierung von SPD und Grünen und die Bayerische Staatsregierung von der CSU gebildet ist. Bund und Bayern tragen gemäß den Verträgen die Ausbaukosten im Verhältnis 2/3 : 1/3. Staatsminister Huber, Bayern, forderte eindeutig in der Mitgliederversammlung des DWSV am 07.06.2000 den Ausbau. Der Bund verweist auf Vorlage der Gutachten. Außerdem lag der bisherigen Diskussion überwiegend eine unzulässig verengte Betrachtungsweise zugrunde. In den Medien dominierten die Argumente der Ausbaugegner, konzentriert auf die lokale Sicht, auf den örtlichen Eingriff. Sie sind rein statisch orientiert, ablehnend. Der augenblickliche Zustand, der ja auch von Menschen festgelegt wurde, soll bleiben. Damit wird viel Kraft verschwendet für die Einhaltung einer in der Natur sonst nicht gegebenen Statik. Der Widerstand im Namen des Naturschutzes widerspricht in Wirklichkeit der Natur und ihrer Dynamik von Grund auf.

Bisher wurde leider die Chance viel zu wenig genutzt zwischen den Fronten darüber zu sprechen, welche Chancen für Wirtschaft und Ökologie die notwendigen Ausbauten eröffnen könnten. Entscheidend ist den Ausbau so zu gestalten, dass Entwicklungsmöglichkeiten für natürliche Prozesse offen gehalten sind, dass Entwicklungsfähigkeit genutzt wird.

Glaubt man an die Überzeugungskraft von Fakten, an Argumente und rationales Verhalten im gesellschaftlichen Diskurs, in der Berichterstattung der Medien und letztlich auch im politischen Entscheidungsprozess, dann ist breit angelegte Information das Gebot der Stunde.

Unsere Erfahrungen zeigen, dass trotz der jahrelangen Auseinandersetzungen die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung und der Journalisten uninformiert oder – noch schlimmer – desinformiert ist.

Deshalb sollten die Ergebnisse der jahrelangen Gutachtertätigkeit mit allen Mitteln der Informatik dargestellt werden. 20% der Bausumme sind für ökologische Ausgleichsmaßnahmen eingeplant. 1% sollte für Information zur Verfügung stehen. Nur der informierte Bürger kann mündig sein, im Sinne des berühmten Wortes von Imanuel Kant „Wage zu denken!“

Leider wird in der bisherigen Diskussion und Auseinandersetzung auch der internationale Aspekt des Donauausbaus vernachlässigt. Auf diesen aber kommt es entscheidend an.

Wenn die Anliegerstaaten der Donau gemeinsam fordern, die Engpässe und vor allem den Flaschenhals Straubing – Vilshofen zeitnah zu beseitigen, und wenn dies zu einer positiven politischen Entscheidung in Deutschland führt, dann wird die Donau zu einer Verkehrsalternative der Zukunft werden.