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Geschichte des Main-Donau-Kanals (MDK)

Autor: Dr. Wilhelm Doni,(†) / DWSV-Vorsitzender Nov. 1992 – Juli 2001

Am 06. November 1892 gründeten in Nürnberg 29 Städte und Gemeinden, 13 Handelskammern und weitere wirtschaftliche Kooperationen, sowie zahlreiche Firmen und Einzelpersonen den „Verein zur Hebung der Fluss- und Kanalschifffahrt in Bayern“, heute „Deutscher Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Donau e.V.“ Die Vereinsgründung verfolgte das Ziel, für eine leistungsfähige Großschifffahrtsstraße vom Rhein über den Main zur Donau einzutreten. Mit der Inbetriebnahme der durchgehenden Schifffahrt vom Main zur Donau über den Main-Donau-Kanal wurde am 25. September 1992 nach 100 Jahren das wirtschaftlich und technisch höchst anspruchsvolle, ja zumindest in Europa einmalige Werk vollendet und das Hauptziel des Deutschen Wasserstraßen und Schifffahrtsvereins Rhein-Main-Donau e.V., erreicht.

Vor der Gründung des Vereins war der Main bereits zwischen 1883 und 1886 von der Mündung in den Rhein bis Frankfurt staugeregelt worden. Der Erfolg übertraf alle Erwartungen. Er bewies, dass die Wettbewerbsfähigkeit einer Wasserstraße mit der Bahn durch Stauregelung zurück gewonnen werden konnte.
Da die Bayerische Kammer der Abgeordneten entsprechende Anträge für Planung und Bau mehrmals ablehnte, richtete der Verein Technische Ämter in Nürnberg ein. Diese führten die notwendigen Planungen durch. Aber der erste Weltkrieg verhinderte den Baubeginn.

Trotz der verheerenden Wirtschafts- und Finanzlage schlossen am 13. Juni 1921 das Deutsche Reich und Bayern den Main-Donau-Staatsvertrag. Er legte den Ausbau der Großschifffahrtsstraße Main-Donau fest und schuf die Grundlage für die Ausbaugesellschaft Rhein-Main-Donau AG. Diese erhielt neben dem Bauauftrag die Aufgabe, die elektrischen Wasserkräfte auszubauen und mit diesen Überschüssen das Wasserstraßenprojekt zu finanzieren. Diese Konstruktion erwies sich in den folgenden Jahren als außerordentlich fruchtbar, ja als eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen.

Im Laufe der folgenden Jahrzehnte wurden dann weitere Verträge, der Finanzierungsvertrag vom 28.02.1966, der neue Ausbauvertrag vom 16.09.1966 und der Donaukanalisierungsvertrag vom 11.08. 1976 geschlossen. 1901 hatte Preußen den Main bis Offenbach ausgebaut. Bis 1921 verlängerten Preußen und Bayern die Großschifffahrtsstraße bis Aschaffenburg. Von 1921 bis 1942 wurde der Main von der RMD AG ab Aschaffenburg mit Wehren, Kraftwerken und Schleusen staugestützt. 1940 ging der Hafen Würzburg in Betrieb. Der Ausbaustandard entsprach der heutigen Klasse Va, später Vb. Ab 1949 nahm die RMD AG den Mainausbau von Würzburg bis Bamberg wieder auf. Eine besondere Leistung ist die Situierung der Schleuse in Würzburg vor der Bastion der Festung Marienberg. Bamberg erreichte man am 25.09.1962.

Zuvor schon hatte der Bau des Main-Donau-Kanals ab Bamberg begonnen. Sein Ausbaustandard entspricht durchgehend der Klasse Vb. Die Wasserstraße führte man zunächst im Bereich der Rednitz bis Hausen und dann als Stillwasserkanal nach Nürnberg. Am 23.09.1972 wurde der Hafen Nürnberg mit einer überwältigenden Teilnahme der Bevölkerung zwischen den Städten Erlangen, Fürth und Nürnberg eröffnet. Ohne Verzögerung begann man dann mit dem Bau der Strecke von Nürnberg bis Kelheim. Hier war es eine sehr glückliche Entscheidung, zur Überwindung der großen Höhenunterschiede bis zu der Scheitelhaltung nicht – wie ursprünglich vorgesehen –

Hebewerke, sondern Kammerschleusen mit Hubhöhen über 20 m zu schaffen. Sie sind als Wassersparschleusen konstruiert.  Die Schleusenlängen von 190 m bieten die günstigste Lösung für den heutigen Verkehr von Großmotorschiffen, Schub- und Koppelverbänden bis 185 m Länge, sowie für große Kabinenschiffe. Diese sind heute unvorhergesehen ein bedeutender Teil des Gesamtverkehrs und von großer Bedeutung für den Tourismus im Bereich des Kanals.

Am 26.03.1979 führte ein Dammbruch des im Bau befindlichen Kanals bei Nürnberg-Katzwang zu schweren Zerstörungen und einem tragischen Unglück. Die Analyse der Ursache bewirkte, soweit möglich, eine veränderte Trassenführung der Dammstrecken. Sie wurden nun so tiefliegend wie möglich ausgeführt. In dieser Zeit entstand eine Diskussion über den künftigen völkerrechtlichen Status des Main-Donau-Kanals. Der Völkerrechtler Prof. Jaenicke  stellte fest, dass damals keine Verpflichtung der BRD bestand, den Main-Donau-Kanal zu internationalisieren. Der Fall des „Eisernen Vorhangs“, die Entwicklung der EU und Deutschlands Beitritt zur „Belgrader Donaukonvention“ relativierte die seinerzeitigen Festlegungen.

Für die Strecke südlich der Europäischen Wasserscheide waren sich die RMD AG und die zuständigen Behörden von vornherein der Anforderungen und der Bedeutung des Natur- und Landschaftsschutzes vor allem für die Baumaßnahmen im Sulztal, Ottmaringer Tal und der Altmühl bewusst. Die Aufgabe ging man so umfassend und gründlich an, wie dies bisher bei keinem Großbauwerk geschehen war. Detaillierte Landschaftspläne der Professoren Kagerer und Grebe wurden erstellt und mit Sorgfalt verwirklicht, genaue Bestandsaufnamen der Flora und Fauna erhoben und die verbindlichen Auflagen für den Ausgleich der Eingriffe festgelegt. Die RMD AG investierte deutlich mehr in den Umwelt- und Naturschutz als verlangt. Diese Investitionen erreichten streckenweise 20 bis 25 Prozent der gesamten Bausumme. Sie bewirkten eine überzeugende Einbindung der technischen Anlagen in die Natur und das Landschaftsbild und eine neue Vielfalt von Fauna und Flora. Zusätzliche Erholungseinrichtungen, ein weitgefächertes Radwegenetz und vieles mehr schufen eines der attraktivsten Feriengebiete Bayerns.
Hier ist eine grundsätzliche Anmerkung angebracht: In der Not der schlimmen materiellen Folgen beider Weltkriege und in den folgenden Aufbaujahren akzeptierten breite Kreise den einleuchtenden Zusammenhang zwischen Infrastrukturinvestitionen, Wirtschaftswachstum und Wohlstand. Es gab deshalb keine ernsten grundsätzlichen Widerstände gegen den Mainausbau und den Kanal. Ab Mitte der 70er Jahre verursachte dann der tiefgreifende Wertewandel in der deutschen Gesellschaft zunehmende Widerstände gegen Technik und Wirtschaftswachstum. Den Leuten ging es zunehmend besser. Jedes Großprojekt der Infrastruktur hatte nun mit gesellschaftlichen Akzeptanzproblemen zu kämpfen. Diese Schwierigkeiten trafen den Main-Donau-Kanal aus mehreren Gründen besonders: Die lange Bauzeit, die ihre Wirkungen erst in der Zukunft entfalten kann, war bei immer individualistischerer, egoistischer und kurzfristigerer Betrachtungsweise einer Wohlstandsgesellschaft nur noch schwer zu vermitteln.

Vor diesem Hintergrund nahm der Bund Naturschutz in Bayern eine kompromisslos ablehnende Haltung gegen das Projekt ein. Unterstützt von überregionalen Medien behauptete er pauschal, der Bau zerstöre Landschaft und Natur. Eine konstruktive Auseinandersetzung mit den Landschaftsplänen und  Planfeststellungsverfahren, sowie den umfassenden Ausgleichsmaßnahmen  erfolgte  jedoch in keiner Weise. Die örtliche Bevölkerung und Politik hingegen ließ sich in ihrer positiven Einschätzung des Projekts nicht beirren. Schlimmer noch als die Desinformationspolitik des Bundes Naturschutz war der abenteuerliche Plan des damaligen Bundesverkehrsministers Volker Hauff, den Bau vorzeitig „qualifiziert“ zu beenden. Der entschiedene Widerstand Bayerns und das Ende der Sozialliberalen Koalition im Bund verhinderten eine Realisierung dieser Idee. Sie  hätte im Hinblick auf den Fall des Eisernen Vorhangs und die Ausdehnung der EU in die donaueuropäischen Länder unabsehbare Folgen gehabt. Vielmehr vereinbarten nunmehr die Bundesrepublik Deutschland und der Freistaat Bayern, die Main-Donau-Wasserstraße zügig fertig zu stellen und die Wasserüberleitung aus Donau und Altmühl in den bayerischen Norden unverzüglich zu ermöglichen.
Diese Wasserüberleitung ist wasserwirtschaftlich von großer Bedeutung. Außerdem führten die in diesem Zusammenhang südlich von Nürnberg geschaffenen Stauseen zu einer intensiven Freizeit- und Erholungsnutzung mit der Folge einer sehr positiven Verbesserung der sozioökonomischen Situation in der Region Die wasserwirtschaftlichen und touristischen  „Koppelprodukte“ Naturpark Altmühltal und Neues Fränkisches Seenland gehören heute zu den attraktivsten Ferien- und Tourismusgebieten Bayerns.

Nun geht es noch darum, auch die letzten 69 km der Donau zwischen Straubing und Vilshofen gleichwertig zu verbessern. Dann ist das großartige Werk erst vollständig vollendet. Denn jede Kette ist nur so stark, wie ihr schwächstes Glied.