Drohende Mengenverluste auf der Wasserstraße: Pläne zum Ausstieg aus der Kohleverstromung belasten Schifffahrt und Häfen

BU: Die Kohle stellt neben Baustoffen und Mineralölprodukten eines der wichtigsten Transportgüter für die Binnenschifffahrt in Deutschland dar. Ein Ende der Kohleverstromung wird daher spürbare Auswirkungen auf die Transportmengen auf den Wasserstraßen haben. (Bildquelle: BDB e.V. / MSG eG)

Der von der Bundesregierung beabsichtigte Ausstieg aus der Verstromung von Kohle wird erhebliche Auswirkungen auf die Industriestandorte in Deutschland und die Beschäftigten in der Kraftwerkindustrie haben. Für Steinkohle soll die Reduzierung bereits im Jahr 2022 einsetzen, im Jahr 2030 soll die Verstromung auf acht Gigawatt reduziert werden und spätestens 2038 sollen sämtliche Steinkohlekraftwerke stillgelegt sein, ggf. auch im Wege der Zwangsabschaltung. Das Ziel der Bundesregierung, die Energieerzeugung durch den Einsatz von Kohle auf Null zu reduzieren, hat aber darüber hinaus auch erhebliche Konsequenzen für den Transportsektor:

Kohle stellt neben den Erzen, Steinen und Erden sowie den Mineralölerzeugnissen eine der wichtigsten Gütergruppen für die Binnenschifffahrt dar. Auf deutschen Flüssen und Kanälen werden pro Jahr in Summe rund 35 Mio. Tonnen Kohle transportiert. Insbesondere die Kraftwerke im Ruhrgebiet haben ihre Versorgungslogistik nahezu vollständig auf die Wasserstraße eingestellt: Auf dem Wesel-Datteln-Kanal, dem Datteln-Hamm-Kanal und dem Dortmund-Ems-Kanal werden zum Beispiel im Schnitt jeweils über fünf Mio. Tonnen Kohle p.a. transportiert. Die Binnenschifffahrt und die Kohleterminals in den Binnenhäfen sind damit Systempartner der Kraftwerksindustrie. Es gibt Unternehmen, die ihre Tätigkeit nahezu vollständig auf die Versorgungslogistik mit Kohle ausgerichtet haben.

Hierauf hat der Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e.V. (BDB) in seiner Stellungnahme zum Entwurf eines „Kohleausstiegsgesetzes“ hingewiesen, den das Bundeswirtschaftsministerium in dieser Woche vorgestellt hat. BDB-Präsident Martin Staats (MSG, Würzburg) erklärt hierzu:

“Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Bundesregierung den Ausstieg aus der Kohle sozialverträglich gestalten will. Hierbei besteht offensichtlich auch die Bereitschaft, mit erheblichen finanziellen Mitteln Kompensationsleistungen zu erbringen, um entstehende Härten abzufedern. Dem Bundeswirtschaftsministerium ist aber scheinbar entgangen, in welchem Ausmaß das Binnenschifffahrtsgewerbe und die Binnenhäfen vom Ausstieg aus der Kohleverstromung betroffen sein werden. Hierzu schweigt sich der Gesetzentwurf komplett aus. Hier wird seitens der Regierung die Vernichtung eines Transport- und Logistikmarktes betrieben, ohne dass über die betriebs- und volkswirtschaftlichen Folgen für das betroffene Gewerbe und über die Situation der Beschäftigten in diesem Segment nachgedacht wird. Wir fordern deshalb von der Bundesregierung, dass sie diesem Umstand ausreichend Rechnung trägt und finanzielle Kompensationsleistungen für die Binnenschifffahrt gewährt.“

Für die Binnenschifffahrt und ihre Partner im System Wasserstraße kommt das Ende der Kohleverstromung viel zu kurzfristig. In den Reduktionszeiträumen von 2022 bis 2038 wird es nur sehr schwer möglich sein, neue Märkte zu erschließen und alternative Transportgüter zu akquirieren – insbesondere in einer Größenordnung die geeignet wäre, die Menge an wegbrechenden Kohleverkehren zu kompensieren. Bei konservativer Schätzung wird allein der drohende Umsatzverlust im deutlich dreistelligen Millionenbereich pro Jahr liegen. Betriebswirtschaftliche Folgekosten sind dabei noch nicht berücksichtigt.

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